Ein Interview mit Radiomultikulti-Chefredakteurin Ilona Marenbach

Café Istanbul

Wo lebt, liebt, arbeitet und tanzt es sich am besten in Berlin und Istanbul? Dazu sendet Radiomultikulti vom 1. – 3. November jeden Tag vier Stunden live aus Istanbul, in deutsch und türkisch. Sechs Mitarbeiter erkunden die besten Plätze der Stadt, die Menschen, die Tage und Nächte. Auch zwei Hörerreporter reisen mit in die türkische Metropole und geben jeden Tag ihren ganz persönlichen Reisebericht. Vor vier Wochen hatte Radiomultikulti sein Publikum aufgerufen, als Hörerreporter mit nach Istanbul zu kommen. Die Redaktion wählte aus den Einsendungen die beiden Reporter aus.

Frau Marenbach, wie kam es dazu, dass Radiomultikulti sein Sendestudio vorübergehend nach Istanbul verlegt?
Machen wir uns nichts vor: Unser Bild von Türken ist geprägt von türkischen Migranten, denen wir zum Beispiel in Kreuzberg begegnen. Papi geht voran, die kopftuchtragende Annä trabt umringt von zahlreichen an ihr herumzerrenden Kindern hinterher. Ist sowirklich die Türkei? Istanbul ist eine pulsierende, innovative und kreative Stadt und mit einer rasenden Geschwindigkeit auf dem Weg in die Moderne. Das möchten wir in den drei Tagen aufgreifen und vermitteln.

Was verbindet Berlin mit Istanbul?
Ein reger inoffizieller Austausch von Menschen und Ideen. Während die offizielle Städtepartnerschaft aufgrund politischer Vorbehalte (Istanbuls Bürgermeister ist Mitglied der AKP) vor sich hinschlummert, sind vor allem junge Leute ständig in Bewegung zwischen den beiden Städten. Wenn ich montags in die Redaktion komme, dann sind oft zwei, drei Kollegen gerade mal wieder von einem Einkaufs- oder Vergnügungstrip aus Istanbul zurückgekehrt. Billigflieger machen es möglich. Ich beobachte zudem eine ganz ungewöhnliche Migrationsbewegung: Immer mehr Berliner zieht es ganz nach Istanbul.

Was will Radiomultikulti in Istanbul entdecken?
Wir versuchen einen ganz subjektiven Metropolenvergleich. Wo lebt, liebt und arbeitet es sich am besten. Welche Trends setzt Berlin, wo hat Istanbul die Nase vorn? Wir begeben uns aber auch auf Spurensuche. Welchen Einfluss hatten und haben deutsche Migranten in der Türkei. Ernst Reuter hat in der Türkei im Asyl gelebt, bevor er Regierender Bürgermeister von Berlin wurde. Er und andere Flüchtlinge habe während der Nazizeit den Verwaltungsapparat, die Architektur, einfach vieles mit geprägt. Das ist ein mehr historisches Anliegen, das wir mit unseren Sendungen verfolgen.

Wie groß sind die technischen Herausforderungen an Ihr Team?
Zum Glück nicht sehr groß, weil wir mit dem türkischen Fernsehsender ATV einen Partner gefunden haben, der uns sein Studio zur Verfügung stellt und die Satellitenübertragung managet.

Wie hat sich das Team auf diese Reise vorbereitet?
Der verantwortliche Redakteur der türkischen Redaktion, Dr. Cem Dalaman hat uns mit allem versorgt, was man an Informationen braucht. Unser Welleningenieur, Andreas Hammerl, war im Sommer vor Ort und hat die technische Machbarkeit überprüft und unsere Partner vor Ort, das Goethe-Institut und das Deutsche Generalkonsulat haben uns mit ihrem Knowhow und ihren Verteilern versorgt. Trotzdem ist das Ganze natürlich ein Abenteuer.

Sind die Radiomultikulti-Reporter alle Istanbul-Kenner oder besuchen sie die Metropole am Bosporus zum ersten Mal?
Manche kommen aus Istanbul, so wie meine Kollegin Banu Baturay, andere fahren zum ersten Mal dorthin, wie unsere Chefin vom Dienst, Ingerlise Andersen.

Sie nehmen zwei Hörer mit auf die Reise. Haben diese einen anderen Blick auf die Stadt als die Reporter von Radiomultikulti?
Die Hörer sind ein paar Tage länger vor Ort als wir, sie sind dort auf Einladung des Bürgermeisters von Kadiköy (das ist der asiatische Teil von Istanbul) und werden von ihm und seinen Mitarbeitern betreut. Während der Livesendungen kommen sie täglich ins Studio, um von ihren Eindrücken zu berichten. Sie haben allerdings auch noch ein paar zusätzliche Aufgaben von uns gestellt bekommen. Sie müssen bestimmte Orte aufsuchen und bewerten.

Wie oft waren Sie schon in Istanbul?
Das ist jetzt das dritte Mal in diesem Jahr und ich hätte nichts dagegen, wenn sich das im kommenden Jahr wiederholen würde.

Was ist ihr persönlicher Tipp?
Schuhe kaufen in Kadiköy, Kaffeetrinken im Malta Köskü, Essen im 360° in Beyoglu und mit der Fähre über den Bosporus übersetzen.

Vielen Dank Frau Marenbach!

„Café Istanbul“ startet in die erste Sendung am 1. November, um 14:05 Uhr. Ab dann wird täglich vier Stunden lang live aus der Metropole am Bosporus gesendet.
Unterstützt wird „Café Istanbul“ außerdem vom Goethe-Institut Istanbul, dem Deutschen Generalkonsulat, dem Radisson SAS Bosporus sowie dem türkischen Fernsehsender ATV, aus deren Studios die Sendungen live übertragen werden.
Die Morgensendung „FrühStück“ zwischen 6.00 und 10.00 Uhr setzt sich gezielt mit dem Berliner Alltag auseinander, „Café Istanbul“ konzentriert sich zwischen 14.00 und 17.00 Uhr ganz auf die Stadt am Bosporus, die in drei Jahren Europas Kulturhauptstadt wird. Ab 17.00 Uhr werden eine Stunde lang Beiträge in türkischer Sprache gesendet.
Auf Einladung des Bürgermeisters von Kadiköy, dem asiatischen Teils Istanbuls, reisen zwei Hörerreporter mit dem Radiomultikulti Team an den Bosporus. Täglich geben sie ihre Eindrücke der Stadt in kurzen Reportagen im Metropolen-Check wider.

1. November: Warum ist Istanbul hip?
Haluk Kaya, ist Bauherr und Investor in Istanbul und Berlin, als Studiogast berichtet er über In-Bezirke, Stadt-und Landflucht.
Die Istanbul-Biennale zählt weltweit zu den wichtigsten Kulturveranstaltungen und wird 2010 Europas Kulturhauptstadt – Nazan Ölcer, Kuratorin der Biennale, gibt einen Einblick in die Kunstmetropole (angefragt)
Shopping City Istanbul, die Radiomultikulti-Reporter durchstöbern das Einkaufslabyrinth
2. November: „Deutsches Leben in Istanbul“
Marc Landau, Geschäftsführer der Außenhandelskammer Türkei, berichtet als Studiogast über die Lage der deutschen Wirtschaft in Istanbul.
Pfarrer Nollmann kommentiert die Lage der Christen in der Türkei.
Der deutsche Generalkonsul in Istanbul Matthias Ludwig Bogislav von Kummer erläutert die Anfänge deutschen Lebens in Istanbul und was sich bis heute verändert hat.
In einer Reportage berichtet Radiomultikulti über Edzard Reuter, Ex-Mercedes-Vorstandschef und Sohn von Ernst Reuter, und Emigration der Deutschen nach Istanbul.
3. November Deutsch-Türkisches Leben in Istanbul
Seit zwei Jahren spielt Mithat Demiral für die Istanbuler Besiktas und die Deutsche Basketball- Nationalmannschaft. 2003 war er Basketballspieler des Jahres.
Özay Fecht, die Berliner Jazzmusikerin verrät, warum sie in Istanbul gar keine Sehnsucht nach ihrer Heimatstadt hat.
Tevfik Basar, der gebürtige Türke wurde durch seinen Film „40 qm Deutschland“ bekannt. Nun ist er Filmdozent an der Kadir Has Univertät in Istanbul Zwar ist Istanbul nicht die Hauptstadt der Türkei, aber ohne Zweifel, die Megastadt der türkischen Musik. In jeder Sendung präsentiert Radiomultikulti-Musikexpertin Aziza A. die Highlights aus der türkischen Musikszene.


Herausgeber © Museum der Weltkulturen, Frankfurt a. M. 2008